20.12.07

Warum ich Prüfungen ablege

In unserem dojo dominierte in letzter Zeit die Prüfungsvorbereitung. Nicht, das wir alle geschlossen eine ablegen würden, nein, es dreht sich um zwei Schüler, die sich auf ihrem Weg auf den ikkyu einlassen wollen. Einer davon bin ich. Nach gut zehn Jahren innerhalb der Übung ist dies mitnichten meine erste Examinierung und ich bin an das Prozedere schon gut gewöhnt. Für mich ist das eine Aufgabe, die zu bewältigen ist.

Nun ist es aber so, daß verschiedene meiner Mitschüler (durchweg sehr gute und auch engagierte Schüler) keine Prüfung ablegen möchten. Sie sehen darin keinen Sinn und in mir kam die Frage auf, warum ich ohne zu zögern die Vorbereitung aufgenommen habe. Das sind meine Gedanken dazu:

Gedanke 1 - die Aufforderung zum "Tanz"

Nein, es gibt kein Ablehnen der Prüfung. Wenn sensei sagt, bereite Dich vor, dann bereitest Du Dich vor, und zwar ohne wenn und aber! Sensei weiß, daß Du schon längst über die erwarteten Anforderungen hinaus übst und lernst. Es gibt also nur ein minimales Risiko des Versagens. Warum also zögern? Gehe hin und zeige allen, was eine Harke ist. Du hast das Zeug dazu. Ach ja - es war keine Bitte, es war eine Aufforderung zu Prüfung...und die ist bindend!

Gedanke 2 - "Ticket to ride"

Für die Philosophen: Ihr habt Euch für eine Kampfkunst im Sinne des do entschieden? Dann ist die gewählte Kunst der Bus, mit dem Ihr auf dem Weg reist. Aber Eure gelöste Fahrkarte gilt nur bis zur ersten Haltestelle, dann müßt Ihr eine neue Karte lösen - und das ist die Prüfung. Es sei denn, Ihr wollt, das Euer Bus mit einer Dauerpanne am Straßenrand steht... die Aussichten an dieser Stelle werden sehr schnell sehr langweilig.

Gedanke 3 - Leben mit dem Schwert

Auch für Philosophen: so wie das Leben immer wieder Prüfungen für uns bereithält, so ist es auch in der Kampfkunst. Was macht man denn so üblicherweise, wenn das Leben mal wieder gnadenlos zuschlägt? Genau, man macht weiter. Es gibt allerdings auch Leute, die der Prüfung den Rücken kehren und davonlaufen. Wie nennt man die so? Feigling? Versager? Lusche? Niete? Wollt Ihr Euch das antun?

Gedanke 4 - Genealogie

Mein Lehrer hat von seinem Lehrer gelernt, der wiederum von seinem und dieser wiederum von seinem Lehrer. Somit kann man von Lehrer zu Lehrer eine Linie zurück verfolgen, die locker ein paar hundert Jahre umfassen kann. Als ich Schüler wurde, wurde ich auch ein Teil des Stammbaums der Schule, deren Übung ich verfolge und durch die Generationen hinweg bin ich ein Glied einer langen Kette von Lehrern. Und da auch die Lehrer nicht jünger werden, werden auch sie irgendwann einmal die Bühne verlassen müssen. Jemand muß die Lücke füllen - Tradition verpflichtet. Auch mich.

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