14.06.10

Die Vuvuzela-Störung

Ich bin zwar kein Fußballfanatiker, aber da nun einmal gerade Weltmeisterschaft ist, sehe ich mir auch verschiedene Spiele im TV an. Und natürlich kann auch ich den Lärm der Vuvuzelas hören, mit dem die südafrikanischen Fans das Stadion beschallen. Ich will diese Dinger hier nicht gutheißen, dazu ist der Geräuschpegel mit 120 Dezibel einfach zu hoch; außerdem lebt die weltweite Fußballkultur von den Schlachtgesängen der Fans, welche landestypische Anfeuerungs- oder Schmählieder anstimmen, um ihre Mannschaft zu unterstützen oder die Moral der Gegner zu untergraben. Das kann schon schaurig-schräg sein, ist aber unterhaltsamer als dieser monotone Dauerton, der leider zur südafrikanischen Fußballkultur gehört. Das kann man finden wie man will.

Die Berichterstattung in den Medien fokussiert nun immer mehr Beschwerden der Zuschauer und Kommentatoren und ein Trötenverbot wird in Betracht gezogen. Das ist eine Art des Umgangs damit. Wie geht man mit solchen Störungen als Kampfkünstler um?

Es ist eigentlich ganz einfach: man darf keine Störung zulassen. Dabei ist es egal, ob es sich um ein Geräusch oder beispielsweise einen Angriff handelt. Ein Ziel der Übung ist es, einen Zustand der Leere zu erreichen und dadurch eine allumfassende Wahrnehmung zu erlangen. Diese Wahrnehmung hat keine Grenzen, keine Limitierung, sie unterliegt keiner Beurteilung und hinterlässt keine Spuren. Wenn man also die Wahrnehmung im Stadion auf die Vuvuzela lenkt, dann ist sie darauf limitiert und begrenzt und führt zu einer negativen Beurteilung. Dies führt zu einer Störung der eigenen inneren Balance. Die hinterlassene Spur ist sofort für Dritte erkennbar und führt zu einer Lücke in der Wahrnehmung, die umgehend zu einem Angriff führt, übt man Kampfkünste aus. Wir alle kennen das.

Wie kann man dem entgegentreten? Die Antwort ist so simpel wie schwierig umzusetzen: wir dürfen nichts aus unserer totalen Wahrnehmung herauslösen und in den Fokus rücken. Unsere Limitierung auf diesen einen Aspekt macht uns angreifbar und bringt uns aus unseren inneren Gleichgewicht. Es gibt keine Abtrennung. Das ist die Erfahrung, die wir machen müssen.

Wie sagte Koretoshi Maruyama Sensei vor einigen Jahren? "Nehmt es als das wahr, was es ist. Es ist nichts als ein Geräusch. Wenn ihr so damit umgeht, rückt ihr es immer mehr in den Hintergrund und verliert seine Bedeutung."

Denkt mal darüber nach!

22.05.10

Die potentiell tödlichste Kampfkunst

Neulich, kurz vor der Übung, habe ich mich mit einem älteren Herrn unterhalten, dessen Tochter Kung Fu-Unterricht nimmt. Als wir auf unterschiedliche Konzepte innerhalb der ausgeübten Künste kamen, sagte er:"Kung Fu ist die potentiell tödlichste Kampfkunst auf der Welt." Jede weitere Diskussion war darauf hin leider ohne jegliches Ergebnis.

Natürlich ist jede Kampfkunst potentiell tödlich, besonders (und gerade) für jemanden, der darin ungeübt ist. Darin unterscheidet sich keine Kunst von der anderen. Lethale Schläge und Tritte im Kung Fu bergen ein genauso enormes destruktives Potential wie ein Wurf im Aikido oder Judo oder ein Schnitt im Iai. Besonders die waffenlosen Künste sind ja nicht nur auf Immobilisierungstechniken beschränkt. Wenn jemand fällt, ohne lange Zeit ukemi geübt zu haben, wird er sich, je nach Untergrund, mit großer Wahrscheinlichkeit mehrere Knochenbrüche zuziehen, bei Stürzen auf den Rücken kann eine Querschnittslähmung oder der Tod nicht ausgeschlossen werden. Und in der Übung im Dojo ist die Vorbildung der einzelnen Schüler so detailliert, daß Verletzungen ausgeschlossen sind. Passiert doch etwas, ist es nicht auf die Kunst zu schieben, sondern auf die Unachtsamkeit der Schüler oder auch des Lehrers. Von Morihei Ueshiba Osensei wird erzählt, daß in einem seiner Dojo einmal ein Schüler zu Tode kam. Er war darüber sehr aufgebracht, denn das sei letztendlich nicht das Ziel der Kampfkunst. In den klassischen Künsten soll Leben bewahrt, nicht zerstört werden.

In einem anderen Gespräch ein paar Tage später, erzählte mir ein junger Mann, er hätte im Fernsehen eine ganz tolle Sendung gesehen, in der die Techniken verschiedenster "Meister" gemessen wurden, um festzustellen, wer denn den härtesten, schnellsten Schlag oder Tritt ausführen könne. Was soll so eine Sendung? Mäßig begabte Kampfkunstaspiranten könnten so etwas zum Anlaß nehmen, jedes Teil zu übernehmen und daraus die "potentiell tödlichste" (effektivste) Kampfkunst zu stricken. Das ist nicht der Inhalt der klassischen Künste. So etwas führt zu militärisch eingesetzten "Systemen" wie Krav Maga oder Sambo. Aber welchen Sinn hat so etwas außerhalb des Militärs? Letztendlich führt so etwas zu einer destruktiven Charakterbildung der Schüler, denn der Ansatz führt ausschließlich zu vernichten.

Natürlich: wenn ich als allerletzte (und nicht als allererste) Zuflucht den Weg in die Kampfkunsttechnik nehmen muß, weiß zumindest ich, wie das Ende sein wird. Aber wie schon gesagt: das ist nicht der Sinn! Als wacher Geist erkenne ich schon vorher eine ganze Reihe anderer Möglichkeiten, der Konfrontation den Zündstoff zu nehmen. Ich habe es in der Hand, meinen Charakter entscheiden zu lassen.

24.04.10

Ein Sprichwort

In letzter Zeit geht mir immer wieder ein altes chinesisches Sprichwort durch den Kopf:

"Wenn du nur lange genug am Ufer des Flusses sitzt, treibt eines Tages die Leiche deines Feindes vorbei."

Das klingt erst einmal ziemlich hart. Aber was ist die Mitteilung des Zitats?

"Hab Geduld. Irgendwann regelt sich alles von selbst."

Machen!

Was tun, wenn das dojo, in dem man mal geübt hat, plötzlich (warum auch immer) aufhört zu existieren und kein anderer Lehrer in Sicht ist? Sich in den Schlaf weinen? Aufhören? Den Verband wechseln?

Mal ehrlich: das ist doch alles keine Alternative. Da gibt es nur eins: SELBERMACHEN! Zeigt, daß ihr etwas gelernt habt! Zeigt, daß ihr einen Arsch in der Hose habt (oder Eier, je nach Jargon)!

Wenn ihr euch bewegt, findet ihr auch eine Lösung. Nur wer sich nicht mehr bewegen kann, ist verloren.

03.03.10

Die inspirierende Katze


Ich habe gerade eine Weile mit einer unserer Katzen gespielt. Dazu habe ich ein paar Lederfetzen an einem Band, das wiederum an einem Holzstab befestigt ist (im Bild hinter der Katze rechts). Die Katze liebt es, diesen Fetzen hinterher zu jagen und sie durch zu kauen.

Dabei fällt mir immer wieder auf, wie wenig sich Katzen anstrengen und wie ihre gespannte Aufmerksamkeit mit einer entspannten Muskulatur einher geht. Aus dem Stand auf den Sessel springen ist kein Problem, auch ein beständiges im Kreis rennen bringt sie nicht von der Jagd ab. Und das es nahezu unmöglich ist, eine Katze festzuhalten, wenn sie nicht will, haben viele schon erfahren. Diese Tiere sind so entspannt, sie fließen förmlich wie Wasser durch die Hände.

Nicht ganz passend fällt mir folgendes Zitat von Dilys Laing ein:

Ich lege mein Buch "Der Sinn des Zen" nieder und sehe die Katze. Sie lächelt in ihr Fell und glättet es zart mit rosaroter Zunge.

"Katze, ich möchte Dir gerne dieses Buch leihen, aber ich glaube, Du hast es schon gelesen."

Sie hebt den Kopf und schaut mich schnurrend an:" Sei doch nicht albern. Ich habe es geschrieben."

An dieser Stelle meinen Dank an Hermine Katz für das Modellsitzen.

27.02.10

Perfekte Welt

In einer perfekten Welt entspricht der Rang eines Kampfkünstlers seinem Können.

In einer perfekten Welt leben perfekte Menschen, ob Kampfkünstler oder nicht.

In einer perfekten Welt ist alles voller Harmonie.

Perfektion ist Illusion. Was also macht man in dieser unperfekten Welt, mit unperfekten Menschen, unperfekten Kampfkünstlern?

Ich persönlich versuche, meinen Frieden damit zu machen. Ich bin genug damit beschäftig, an meiner eigenen Unperfektion nicht zu verzweifeln.

Die unperfekte Welt akzeptiere ich als solche. Den unperfekten Menschen versuche ich zu vergeben und nachsichtig mit ihnen zu sein.

01.01.10