15.01.08

Die Wahrheit in der Legende

Jeder, der sich für Japan, seine Geschichte, die samurai und/oder die Kampfkünste interessiert, hat es sicherlich im Buchregal stehen: Eiji Yoshikawas berühmten Roman "Musashi". Ja, auch ich habe ihn mehrfach gelesen und habe (wie die meisten anderen) immer diese pampige Gestalt mit dem wilden Aussehen von Toshiro Mifune vor Augen. Das ist also keine wirklich große Überraschung. Und wirklich lässt der Roman keine Wünsche offen, es gibt einen herrlich wilden Protagonisten, berühmte Zeitgenossen von Takuan Soho über Muso Gonnosuke bis hin zur berühmtesten Kurtisane ihrer Zeit, eine recht unglückliche Liebesgeschichte und bündelweise Nebenstränge. Insgesamt ganz große Unterhaltung und es ist nicht verwunderlich, das dieser Abenteuerroman zu einem der Literaturklassiker Japans überhaupt wurde. Zu dumm ist leider nur, daß Eiji Yoshikawa nur eine handvoll Überlieferungen hatte, aus denen er mit einigem Know-how in Sachen Geschichte und legendären Kampfkünstlern und ihren Schulen eine Geschichte schnitzte, die dem Charakterkopf Miyamoto Musashi zwar ein Denkmal setzte, aber mit den Tatsachen nur wenig zu tun hat. Somit blieb für die meisten Leser und Kinofreunde nur das Bild von Toshiro Mifune und ein paar wilde Geschichten. Wem das nicht reichte, versuchte in der Regel dem Menschen Musashi auf die Spur zu kommen, in dem er sich mit dem sehr kryptischen "Buch der Fünf Ringe" auseinandersetzte. Nur leider brachte das niemanden wirklich weiter und das wahre Leben Musashis dämmerte weiterhin im Dunkel der Vergangenheit.

William Scott Wilson wurde 1966 von einem Freund zu einer dreimonatigen Reise durch Japan eingeladen, die ihn per Kayak von Shimonoseki nach Tokio führte. Diese Reise, die u.a. für den National Geographic dokumentiert wurde, weckte in ihm die Faszination für Japans Kultur und Geschichte. Nachdem Wilson sein Studium der japanischen Sprache an der Universität abgeschlossen hatte, verbrachte er die nächste Zeit intensiv mit dem Studium er Edo-Periode. In dieser Zeit übersetzte er sein erstes Buch, das Hagakure, welches 1979 veröffentlicht wurde. Es folgten Übersetzungen von Miyamoto Musashi, Munenori Yagyu, Takuan Soho, Eiji Yoshikawas Roman "Taiko" und der Textsammlung "Ideals of the Samurai". Danach kehrte sein Interesse zu der Person Musashi zurück und er begann, dem Leben des legendären Kriegers in Japan selbst nachzuspüren.

Um Licht in das Leben des großen Kriegers, Künstlers und Philosophen zu bringen hat sich Wilson aufgemacht, das Leben Musashis zu rekonstruieren, ohne sich dabei auf Erfundenes zu stützen. Daraus wurde ein Buch, das uns tatsächlich sehr viel näher an das tatsächlich Geschehene heranbringt als es vorher möglich war. Mit dem bisher einzigen echten Biographen machen wir uns auf die Reise von den möglichen Geburtsorten (leider drei an der Zahl) über alle berühmten Stationen wie den Hozoin-Tempel und natürlich der Insel Funa / Ganryu bis hin zu seinem letzten Wohnsitz und Sterbeort. So schafft es Wilson, auch mit der Hilfe von Musashis bis jetzt noch existierenden Werken (seinem o.g. Buch, mehreren Kalligraphien sowie einer Schnitzerei des Fudo Myo-o), uns ein besseres Bild, das wir in vielen Dingen revidieren müssen, zu verschaffen. Auf gut 290 Seiten bietet das Buch "The lone samurai" aber nicht nur Text, sondern auch Bilder, die der Autor vor Ort fotographiert hat sowie Karten und gleich mehrere Anhänge, die sich um Musashis Leben nach dem Tod und seinem Buch beschäftigen und eine reichhaltige Bibliographie sowie (und das wird den Filmfreunde besonders gefallen) eine ausführliche Filmographie. Abgrundet wird das Buch natürlich noch mit einem Glossar und Fußnoten.

Insgesamt berührt das Buch jeden Aspekt, der die Figur Musashi auch heute noch so populär macht, vom Leben des echten Menschen bis hin zum "Popstar" Musashi, der in Filmen und sogar als Spielfigur weiterhin präsent ist.

William Scott Wilson "The lone samurai - The life of Miyamoto Musashi"
Kodansha International
288 Seiten, ISBN 978-4-7700-2942-3
Preis US$ 24.-

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