15.05.08

Aus der Tiefe des Raumes...

Ja, ich habe Urlaub. Tolle Sache, das, besonders die Tatsache, alles mal ruhiger angehen zu können als sonst und endlich meine ungemein nervige Trommelfellentzündung zu kurieren und dabei schön entspannt durch die eigene DVD-Sammlung zu surfen.

Dabei habe ich mir zum wiederholten Male zwei schöne Klassiker angetan: zum einen "Yojimbo" von Akira Kurosawa mit Toshiro Mifune und zum anderen "Zaitoichi" von und mit Takeshi Kitano. Unterschiedlicher können zwei Filme wohl kaum sein. Der erste ein echter jidai geki allererster Klasse in guter alter Abenteuerfilmmanier (und natürlich in schwarzweiß), der zweite ein Spiel mit und über Rhythmus sowie Schein und Sein.

Damit bricht die Filmkritik auch schon ab.

In beiden Filmen ist mir jeweils eine Szene aufgefallen, die ich erwähnen möchte.

Gegen Ende von "Yojimbo" legt sich Mifune in einem großen Showdown mit dem Hauptbösewicht des Films an. Auf einem Platz stellt er sich seinem pistolenbewehrten Gegner und bringt ihn zur Strecke - mit Dolch und Schwert! Interessant ist, wie sich Mifune seinem Gegner nähert: er läuft für den begrenzten Raum recht weite Strecken und umgeht die Gefahr der Pistole mehrfach bis er eine günstige Distanz für den finalen Schwertstreich erreicht hat! Wow!

Mitten in "Zaitoichi" gibt es eine Szene in einem kleinen Sakelokal. Kitano (als blinder Masseur Zaitoichi) sitzt an einem Tisch und trinkt sake, während ein ronin, der sich aus Geldmangel einer Verbrecherbande angeschlossen hat, das Lokal betritt und beim Wirt sake ordert. Kitano nutzt die Gelegenheit, auch für sich noch ein Fläschchen nachzubestellen. Als der Wirt den Reiswein an die Tische bringt, fällt ihm Kitanos Blindenstab ins Auge und er hebt ihn auf. Dabei rutscht aber das darin verborgene Langschwert zu allgemeinen Überraschung heraus. Der ronin wittert Gefahr und in nullkommanichts ziehen beide ihre Klinge. Dabei blockiert Kitano geschickt das nicht vollständig gezogene Schwert des ronin und hat ihm dabei den unteren Teil seiner Klinge auf die Brust gelegt. Dazu sagt er, der Blinde:"Der Raum ist zu klein, um ein Schwert zu ziehen." Eine ganz große Szene! (Übrigens hier ein Hinweis: die Tatsache, daß der ronin den unteren Teil der Klinge auf der Brust hat, zeigt, das er das Duell verloren hat und sein Leben von Kitanos Gnade abhängt. Er weiß also schon vor dem finalen Duell am See, daß er verloren hat/ist!)

Warum erzähle ich Dinge, die sich jeder selbst ansehen kann? Tja, weil mir während meiner Übungen immer wieder ein paar Dinge aufgefallen sind, so das oftmals ausnehmend schlecht Gefühl für ma, den Raum. Ich erinnere mich gerne zurück, als ich ein paar Aikidoschüler auf ihre Prüfung zum Vierten kyu vorbereitet habe und sie immer wieder zurück in das Zentrum der Übungsfläche geholt habe. Und trotzdem bewegten sie sich zielsicher bei jedem neuen Probedurchgang in Richtung Wand.

Beim iai sehe ich das auch recht oft. Sensei sagt: "jeder nimmt sich eine Ecke und übt das und das". Das meint er natürlich im übertragenen Sinn; jeder soll sich einen Platz suchen, auf dem er genug Raum zum Üben hat.

Natürlich hat Raum auch sehr viel mit Wahrnehmung zu tun. Wer kennt es denn nicht, daß er bei verschiedenen kata auf einem Seminar mehr damit zu tun hat, auf seine Mitschüler zu achten, um nicht getroffen oder verletzt zu werden. Wie weit ist es da mit der Wahrnehmung des Raums gediehen?

Ma ist nicht nur ein physisches Konstrukt. Bevor so manch einer zum bokken, zum iaito oder zum katana, einer beliebigen Übungswaffe greift oder auf waffenlos übt - nimm erst einmal den Raum wahr, in dem du dich bewegst!

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