07.10.07

Voneinander lernen

Als ich mich damals als "Frischling" auf der Matte beim aikido wiederfand, fühlte ich mich öfter mal unwohl, besonders, wenn es mal technisch so richtig zur Sache ging. Warum? Ganz einfach: alle anderen Schüler waren sehr viel weiter fortgeschritten und waren (zumindest aus meiner Sicht) in Sachen ukemi und Ausführung der Technik sowohl in Detailliertheit als auch Geschwindigkeit Lichtjahre von mir entfernt. Ich habe dann oft von mir aus einen Rückzug angetreten, um meinen potentiellen Partnern einen "besseren" uke oder nage zu verschaffen. Trotzdem war immer wieder ein dritter oder zweiter kyu präsent, vielleicht sogar ein shodan. Und ich hatte immer das Gefühl, diese Leute aufzuhalten. Aber sie gaben nicht auf. Immer wieder war ich mitten drin, passten sich mit viel Geduld an mein niedriges Level an und arbeiteten stark an meinen Grundlagen und meinem Verständnis für die Kunst. Dafür war ich trotz des schlechten Gewissens immer sehr dankbar. Ich war immer gefordert.

Erst sehr viel später ging mir auf, daß sich diese höher graduierten Schüler selbst extrem gefordert hatten. Denn es gibt auf der Matte nichts schwierigeres als sein eigenes Verständnis bei der Arbeit mir einem "Anfänger" zu überprüfen. Diese Anfänger sind ein Geschenk für jeden budoka / bugeisha. An ihnen kann man selbst sehr gut überprüfen, wie man Grundlagen und / oder Technik selbst begriffen hat, ob man wichtige "basics" wirklich anwendet und ob Körper und Geist auch auf Präzision geeicht sind. Seitdem freue ich mich immer wieder darüber, als "ewiger Anfänger" diese Möglichkeit der Übung wahrzunehmen.

Neulich las ich in einem Forum einen Beitrag eines jungen Menschen. Er sprach davon, daß es ihn nerven würde, seine Zeit immer wieder mit Anfängern zu verschwenden, denn schließlich würde er ja für die Übung viel Geld bezahlen und erwarte dafür auch entsprechende Gegenleistung. Ich habe diesem Menschen nicht geantwortet. Das wird wahrscheinlich irgendwann sein Lehrer tun, falls dieser überhaupt dazu kommt. Oftmals sind es gerade diese Schüler, die aus eigenem Antrieb die Übung sein lassen und nicht mehr kommen, da sie der Meinung sind, diese Schule tauge nichts. Dabei hat der Lehrer seit jeher seine Zeit mit Anfängern "verschwendet", immer wieder aufs neue Grundlagen vermittelt und mit sehr viel Geduld korrigiert. Und er fängt damit zu jeder Übungseinheit von vorne an, denn aus seiner Sicht sind alle Anfänger und er als Erster Schüler geht seine Aufgabe immer wieder an, wie Sisiphos seine Stein auf den Berg gerollt hat.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Da bin ich ja ungemein beruhigt. Ich habe (gerade im Aikido) oft das Gefühl andere aufzuhalten, die schon ein Hakama tragen. Hm... und jetzt geb ich mir beste Mühe zu lernen... ja es gefällt mir :-)