16.11.08

Die drei ??? und das Rätsel der Geheimen Technik

Nahezu allen aktiven, passiven Kampfkünstlern und auch den uninformierten Dritten ist schon irgendwann in ihrem Leben einmal die Mär von den "Geheimen Techniken" untergekommen. Meistens geschah das während der Lektüre von Romanen, dem Ansehen von cineastischen Meisterwerken a la "Karate Kid", dem Lesen von Anzeigen oder Aushängen gewisser dojo. Es kommt auch vor, daß in den Erzählungen von Kampfkunstaspiranten oder "dem Schwager der Schwester eines Onkels, dessen Sohn einen Schulfreund hat, der..." vereinzelt Hinweise auf solche ominösen Praktiken gestreut werden. Sicherlich gibt die Tatsache, daß vielen Außenstehenden der Einblick in eine Kampfkunstschule vernebelt bleibt, sei es aufgrund des schlecht begreifbaren Lehrsystems oder der mythischen Aura der Schule, Nährboden für solche Annahmen. Aber auch "Lehrmeister", die ihrer Schule durch solche Fehlinformationen eine größere Glaubwürdigkeit verschaffen wollen, tragen daran die Verantwortung. Was ist also dran an diesen Geschichten?

Erst einmal nichts. Jede Technik ist, wenn man die Übung ernsthaft aufgenommen hat, frei verfüg- und erlernbar. Man erkennt schnell, daß ein Schnitt ein Schnitt, ein Fauststoß ein Fauststoß und ein Tritt ein Tritt ist. Und jede diese Techniken ist potentiell tödlich oder kann zumindest schwere Verletzungen nach sich ziehen. Daran ist nichts geheim.

Auch die Tatsache, daß ein Anfänger natürlich erst die Grundschule absolviert und erst nach vielen Jahren der Übung mit den höheren Schulen in Berührung kommt, ändert nichts daran, daß diese Techniken frei erlernbar sind. Hier verhält es sich ähnlich wie in einer normalen Schule: man beginnt die Mathematik mir den Grundrechenarten und schreitet daran voran, bis man irgendwann die höhere Algebra erreicht. Dabei vergehen einige Jahre. So ist es auch in der Kampfkunst.

Diese sogenannten Geheimnisse beruhen nur auf zwei Tatsachen:

Für mich zum Beispiel ist und bleibt die höhere Algebra auf immer ein großes Geheimnis. Nicht, weil sie in der Schule nicht gelehrt wurde, sondern weil ich einfach kein Talent dafür habe. Das muß auch mancher Kampfkünstler feststellen, auch wenn er es sich nicht eingestehen will. (Das ist übrigens auch einer der Gründe dafür, warum viele budoka / bugeisha irdendwann zwischen dem Erreichen des shodan und des sandan das Handtuch werfen.)

Der zweite Grund ist der, daß die großen Geheimnisse der Kampfkunst ausschließlich auf Kleinigkeiten basieren: eine Änderung der Handhaltung, eine andere Bewegung der Hüfte, ein geändertes Verschieben des Körperschwerpunktes...alles keine großen Dinge, aber mit einem enormen Effekt auf die Ausführung der jeweiligen Technik. Man muß es nur erkennen können und seinem Lehrer gut zusehen und zuhören.

Wahrnehmung und Reflexion sind der Schlüssel zu diesen Geheimnissen. Sie liegen nicht im Verborgenen der Kampfkunst. Sie liegen offen auf dem Tisch. Man muß sie nur erkennen können.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hallo Lars, schön, mal wieder etwas von dir zu lesen!
Wenn auch mit Verspätung: Ganz herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!
LG Anne

Herr Bambusregen hat gesagt…

Hi Anne! Vielen Dank für die Glückwünsche!

Viele Grüße,
Lars